Geistliche Reife
– und inneres Wachstum im Glauben – am Bild der Entwöhnung Isaaks
von Joachim Ott
1.Mose 21, 5-13
„Und Abraham war 100 Jahre alt, als ihm sein Sohn Isaak geboren wurde. (Obwohl für ihn wegen seines Alters eigentlich keine Vaterschaft mehr möglich war) Und Sarah sprach: Gott hat mir ein Lachen bereitet; wer es hören wird, der wird mir zulachen! Und sie sprach: Wer hätte das dem Abraham verkündet, dass Sarah Kinder stillt, dass ich ihm einen Sohn geboren habe in seinem Alter? Und das Kind wuchs heran und wurde entwöhnt.
Und Abraham machte ein großes Mahl an dem Tag, als Isaak entwöhnt wurde.
Und Sarah sah, dass der Sohn der Hagar, der ägyptischen Magd, den sie dem Abraham geboren hatte, Mutwillen trieb. Da sprach sie zu Abraham: Treibe diese Magd hinaus mit ihrem Sohn; denn der Sohn dieser Magd soll nicht erben mit meinem Sohn Isaak!
Dieses Wort missfiel Abraham sehr um seines Sohnes (Ismael) willen. Aber Gott sprach zu Abraham: Es soll dir nicht Leid tun wegen des Knaben und wegen deiner Magd! Höre in allem, was Sarah dir sagt, auf ihre Stimme! Denn in Isaak soll dir ein Same berufen werden. (d.h.: auf Isaak liegt mein Segen – ihn habe ich mir ausgewählt).
Doch ich will auch den Sohn der Magd zu einem Volk machen, weil er dein Same ist.“
An dem Tag, als Isaak entwöhnt wurde, bereitete sein Vater Abraham ein großes Mahl (1.Mo. 21.8). Nicht die Geburt (unserer Wiedergeburt entsprechend) des verheißenen Samens, sondern die Entwöhnung wurde gefeiert!
Wie wichtig musste für Abraham der Umstand sein – Vorbild und Vater des Glaubens für uns – dass Isaak, der von Gott versprochene Sohn, der Stellung der Unmündigkeit entwachsen war!
Erst Entwöhnte können vor Gott erscheinen und vor ihm bleiben (1. Sam. 1,20-22).
Und König David singt (Ps.131,2), dass seine Seele in stillem Gottvertrauen einem entwöhnten Kinde gleicht.
Hebräer 5,12-14 sagt: „Obwohl ihr der Zeit nach Lehrer sein solltet, habt ihr es wieder nötig, dass man euch lehrt, was die Anfangsgründe der Aussprüche Gottes sind; und ihr seid solche geworden, die Milch nötig haben und nicht feste Speise. Wer nämlich noch Milch genießt, der ist unerfahren im Wort der Gerechtigkeit; er ist ein Unmündiger.
Die feste Speise aber ist für die Gereiften, deren Sinne durch Übung geschult sind zur Unterscheidung des Guten und des Bösen.“
Der Apostel Paulus tadelt die Gläubigen 1.Korinther 3,1-3:
„Und ich, meine Brüder, konnte nicht zu euch reden als zu geistlichen, sondern als zu >fleischlichen< [Christen], als zu Unmündigen in Christus. Milch habe ich euch zu trinken gegeben und nicht feste Speise; denn ihr konntet sie nicht vertragen, ja ihr könnt sie auch jetzt noch nicht vertragen, denn ihr seid noch >fleischlich
„Entwöhnte“ im geistlichen Sinn sind nur die, welche aus der Stellung eines Knechtes heraus – hineinwachsen in die Sohnesstellung und in heiligem Eifer die Gedanken und Pläne des Vaters zu verstehen trachten (Joh. 8,35) – und sich nicht um Leistung und Lohn sorgen.
Wie wenige Gläubige gibt es, die sich in heißer Liebe um Gottes Interessen kümmern! Die meisten sind zufrieden, wenn sie das Heil erfasst haben und so das geliebte eigene ICH nun endlich sichergestellt ist.
Nach Paulus in Galater 4,1-7 unterscheidet sich die Säuglingsstufe in nichts von der Stellung eines Knechtes: „Ich sage aber: Solange der Erbe unmündig ist, besteht zwischen ihm und einem Knecht kein Unterschied, obwohl er Herr aller Güter ist; sondern er steht unter Vormündern und Verwaltern bis zu der vom Vater festgesetzten Zeit. Ebenso waren auch wir, als wir noch „unmündig“ waren, den Grundsätzen der (gottlosen) Welt als Knechte unterworfen. Als aber die Zeit erfüllt war, sandte Gott seinen Sohn, geboren von einer Frau und unter das Gesetz getan, damit er die, welche unter dem Gesetz waren, loskaufte, damit wir die Sohnschaft empfingen. Weil ihr nun Söhne seid, hat Gott den Geist seines Sohnes in eure Herzen gesandt, der ruft: Abba, Vater! So bist du also nicht mehr Knecht, sondern Sohn; wenn aber Sohn, dann auch Erbe Gottes durch Christus.“ (Anmerkung: auch die Frauen, die so den Geist Gottes empfangen haben, sind „Söhne“ und damit Erben Gottes.)
Wenn wir aber als Unmündige nicht am Wort Gottes, und damit nicht an Jesus bleiben, dann trifft wohl auch Johannes 8, 31-36 auf uns zu: „Da sprach Jesus zu denen, die an ihn glaubten: Wenn ihr in meinem Wort bleibt, so seid ihr wahrhaftig meine Jünger, und ihr werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen! Sie antworteten ihm: Wir sind Abrahams Same und sind nie jemandes Knechte gewesen; wie kannst du da sagen: Ihr sollt frei werden? Jesus antwortete ihnen: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Jeder, der die Sünde tut, ist ein Knecht der Sünde. Der Knecht aber bleibt nicht ewig im Haus; der Sohn bleibt ewig. Wenn euch nun der Sohn frei machen wird, so seid ihr wirklich frei.“
Wenn aber ein Kindlein in Christo in die Jünglings- und Väterstufe hineinreift, dann wiederholt sich in tausend Formen 1. Mose 21,9.
Erst im Licht von Galater 4,21-31 verstehen wir, dass das starre „Gesetzeswesen“ immer das dynamische „Geisteswesen“ unterdrücken und verspotten muss. Solange Isaak nicht entwöhnt war, ließ Ismael ihn in Ruhe. Erst durch die zunehmende Reife zieht man Hass und Hohn solcher Gläubiger auf sich, denen die Unmündigkeit und Knechtesstellung als Zeichen wirklicher Demut erscheinen und die jedes Vorwärtsschreiten als Schwärmerei und Anmaßung heftig bekämpfen. Erst jener Tag, an dem wir vor dem Preisrichterstuhl Christi offenbar werden, wird das furchtbare Kapitel der Verfolgung Isaaks durch Ismael restlos enthüllen.
Wenn das Beispiel Abrahams zu Ende bedacht wird, dann fällt auf, dass in unseren Gemeinden die Trennung und das Wegschicken derer fast völlig zum Erliegen gekommen ist, die nicht nach dem Geist und nach der Liebe Gottes, sondern liederlich nach ihren eigenen Vorstellungen leben.
So kann es geschehen, dass wir uns immer weniger vom Wesen der Welt unterscheiden, die Welt in der Gemeinde Raum findet und das geistliche Leben versiegt.
Es ist gut, wenn wir zu denen gehören, die vielleicht bekämpft und unverstanden – aber unbeirrt den von Gott verordneten Weg in der seligen Gewissheit gehen, dass es unserem Vater gefallen hat, dass er uns wie Isaak entwöhnt und zu Söhnen hat heranreifen lassen – und uns damit zu Erben in Christus Jesus gemacht hat!
(bearbeitet von nefesch)