Was ist Demut?
Zwar bin ich – an Jesus gemessen – nicht gerade ein Vorbild für Demut, doch bin ich während meiner Stillen Zeit mit der Bibel auf diese Tugend besonders aufmerksam geworden.
Von der Sprache her kann man für dieses Wort auch Dienemut sagen – dem Mut zu dienen. Es gehört Mut dazu, weil ein Mensch, der anderen in Liebe dienen will, schnell als Speichellecker oder Schwächling verkannt wird. Einer, der anderen dient, macht sich klein und muss den Mut aufbringen, für nichts zu gelten, sich selbst zu verleugnen – um der Liebe willen zu Gott. Was Demut für eine schöne Tugend ist, wird klar vor dem Hintergrund der Herrschsucht, die allen Menschen – offen oder verdeckt – im Herzen steckt.
Abgesehen von vorbildlichen Menschen, können wir die Demut ohne Verbiegungen an dem sehen, der sagt: „Nehmt auf euch mein Joch und lernt von mir, denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen!“ (Matthäus 11,29)
Viel besser als es dir ein Mensch mit Buchstaben schreiben kann, wirst du erkennen, was Demut ist, wenn du Jesus anschaust, wie er in der Bibel geschildert wird.
ER ist es – wie der Prophet Jesaja schreibt – der so entstellt und verachtet ist, weil er sich um unserer Sünden Willen zerschlagen ließ, damit wir Frieden mit Gott bekommen könnten. ER ist es aber auch, der mit einer Peitsche den Tempel Gottes vom Gewusel gottvergessener Händler reinigt, um das Haus seines Vaters wieder den Betern zugänglich zu machen. ER wäscht seinen Jüngern – als Beispiel – die Füße, ER ist bei einem Pharisäer zu Gast, der ihn verachtet, indem der ihm die üblichen Höflichkeitsformen verweigert, ER wendet sich einer einsamen und beschämten Frau zu, die in der Mittagshitze ihr Wasser am Dorfbrunnen holt, um den Leuten und ihrer Häme aus dem Weg zu gehen.
Als ich darüber nachdachte, hat es mich am meisten fasziniert, dass dieser demütige Mensch Jesus der allmächtige Gott ist (wie man an der Stelle Sacharia 11, 12-13 erkennen kann):
„Da sprach ich zu ihnen: Wenn es gut ist in euren Augen, so gebt mir meinen Lohn; wenn aber nicht, so lasst es bleiben! Da wogen sie mir meinen Lohn ab, 30 Silberlinge.
Aber JHWH, der HERR sprach zu mir: Wirf ihn dem Töpfer hin, den herrlichen Preis, dessen ich von ihnen wert geachtet worden bin! Da nahm ich die 30 Silberlinge und warf sie ins Haus des HERRN, dem Töpfer hin.“
Nur die unfassbare Liebe Gottes ist solcher Demut fähig, dass sich in Jesus der große Gott, der das ganze Universum durch sein Wort trägt – so tief hinab beugt, um uns aus dem Morast zu holen, in dem wir durch unsere Sünden feststecken. (Hebräer 1,3: „Jesus ist der Abglanz von Gottes Herrlichkeit und das Ebenbild seines Wesens und er trägt alle Dinge durch das Wort seiner Kraft und hat die Reinigung von den Sünden vollbracht und hat sich zur Rechten der Majestät in der Höhe gesetzt“).
Es ist auch wunderbar für mich, dass Jesus, als er nackt, angespuckt und zerschunden am Kreuz hing, nicht sagte, ich hänge hier für die Sünden anderer. Nein, er trug die Schmach, als wäre es seine eigene.
Diese Demut kann ich nicht nachahmen. Ich kann nur darauf achten, dass ich Jesus innerlich allezeit vor Augen habe, um in jeder Situation von ihm zu lernen. Denn das Gute ist, dass er uns nicht lässt, wie wir sind, sondern dass er uns umgestaltet in sein Bild – damit wir später auch in sein Reich passen. (2.Kor.3,18: „Nun aber schauen wir alle mit aufgedecktem Angesicht die Herrlichkeit des Herrn … und wir werden verwandelt in sein Bild von einer Herrlichkeit zur andern – vom Herrn, der der Geist ist.“)