10 November 2015 ~ 0 Comments

TÜRKEI im Wandel der Zeit

Wie die Türkei auf die schiefe Bahn geriet

von Daniel Pipes The Weekly Standard 13. Oktober 2014

Englischer Originaltext: How Turkey Went Bad Übersetzung: H. Eiteneier

Vor nur zwölf Jahren wurde die Türkei korrekterweise als treuer NATO-Verbündeter betrachtet, das Modell eines prowestlichen muslimischen Staates und Brücke zwischen Europa und dem Nahen Osten. Ein starkes militärisches Band zum Pentagon untermauerte breitere wirtschaftliche und kulturelle Verbindungen zu den Amerikanern. Für diejenigen unter uns, die über den Nahen Osten arbeiten, war Zeit in Istanbul, Ankara und weiteren türkischen Städten eine erfrischende Oase abseits der Turbulenzen der Region. Und dann veränderte sich das Land dramatisch.

Es begann mit den immer noch erstaunlichen Wahlen von 2002; erst langsam und dann seit Mitte 2011 immer schneller fing die Regierung an, die eigenen Gesetze zu brechen, autokratisch zu werden und sich mit den Feinden der Vereinigten Staaten zu verbünden. Selbst diejenigen, die am zögerlichsten diese Verschiebung anerkennen, sind gezwungen gewesen das doch zu tun. Führte Barack Obama den dominierenden türkischen Führungspolitiker Recep Tayyip Erdoğan 2012 noch als einen seiner fünf besten Freunde im Ausland an, zeigte er eine recht andere Einstellung, als er sich bei Erdoğans Einführung ins Präsidentenamt vor ein paar Wochen nur durch einen Chargé d’Affaires vertreten ließ – eine öffentliche Ohrfeige. Was hat diese Veränderung verursacht? Warum wurde die Türkei so faulig?

Hintergrund
Um die unerwarteten heutigen Umstände zu verstehen, muss man einen raschen Blick zurück ins ottomanische Reich werfen. Es wurde 1299 gegründet und seine Kontrolle eines beträchtlichen Teils des europäischen Kontinents (hauptsächlich den Bereich des Balkan, der nach dem türkischen Wort für Berg genannt wurde) machte es zum einzigen politischen muslimischen Staatswesen, das sich intensiv mit Europa auseinandersetzte, während westliche Christen zu den reichsten und mächtigsten Völkern des Planeten aufstiegen. Als das ottomanische Reich im Verlauf der Jahrhunderte im Verhältnis zu den anderen europäischen Mächten schwächelte, wurde es zu einem bedeutenden Anliegen der europäischen Diplomatie (die „Ostfrage“), wie man es aus dem Weg schaffen könnte und man sah das Reich zunehmend als politische Beute (der „kranke Mann am Bosporus“).

Aus der ottomanischen Perspektive bestand die ungelöste Frage darin, was man aus Europa übernehmen und was man ablehnen sollte. Im Allgemeinen fanden die Ottomanen militärische und medizinische Innovationen am angenehmsten. In anderen Bereichen schwankten sie; während zum Beispiel die Juden 1493 das erste mit beweglichen Lettern gedruckte Buch veröffentlichten, warteten die Muslime bis 1729 um nachzuziehen. Mit anderen Worten: Europäische Gebräuche zu akzeptieren war ein langsamer, schwieriger und sporadischer Prozess.
Die türkische Niederlage im Ersten Weltkrieg erfolgte vor diesem Hintergrund und veranlasste einen herausragenden General, Mustafa Kemal, die Macht zu ergreifen und dem Reich zugunsten der Republik Türkei ein Ende zu setzen, die weit kleiner und hauptsächlich auf Türkisch sprechende Menschen beschränkt war. Die ersten fünfzehn Jahre des neuen Landes – von 1923 bis 1938 – dominierte Mustafa Kemal (er sich selbst Atatürk nannte) das Land. Als mit einem starken Willen ausgestatteter Verwestler, der den Islam verachtete, zwang er dem Land eine Reihe radikaler Veränderungen auf, die es bis heute prägen und machte es auffallend anders als den Rest des Nahen Ostens, wozu auch der Laizismus (d.h. Säkularismus auf Steroiden), ein auf europäischen Vorbildern basierender Gesetzeskodex, das lateinische Alphabet und Familien-Nachnamen gehörten.

In einige Fällen lief Atatürk seinen Landsleuten weit voraus, so als er vorschlug (Kirchen-) Bänke in Moscheen zu stellen oder den Gebetsruf vom Arabischen ins Türkische zu ändern. Fast sofort nach seinem Tod 1938 begann eine Abkehr von seinem Säkularismus. Doch in seiner Rolle als oberste politische Macht des Landes und befangener Erbe des Vermächtnisses Atatürks setzte das türkische Militär diesen Veränderungen Grenzen. Die ersten ernsthaften Versuche begannen mit dem Aufkommen der Demokratie in den 1950-er Jahren; dem folgten viele weitere Anstrengungen, die aber alle keinen Erfolg hatten.

Das Militär ist allerdings auch eine Kraft, die weder für Kreativität noch für intellektuelles Wachstum steht und so wurden die über Jahrzehnte hinweg unaufhörlich wiederholten Sprüche Atatürks schal und einschränkend. Mit zunehmendem Dissens stagnierten die Parteien, die an seinen Visionen der 1920-er festhielten und degenerierten in korrupte, nur die Macht halten wollende Organisationen. In den 1990-er Jahren hatten ihre Drehtür-Regierungen einen erheblichen Teil der Wählerschaft verprellt.

Der Aufstieg der AKP
Erdoğan und ein weiterer islamistischer Politiker, Abdallah Gül, nutzten die Gelegenheit und gründeten 2001 die Partei für Gerechtigkeit und Aufschwung (AKP). Mit dem Versprechen guter Regierung und Wirtschaftswachstum auf Grundlage konservativer Werte schnitt sie bei ihren ersten Wahlen im November 2002 hervorragend ab und gewann mehr als ein Drittel der Stimmen. Weil die Paschas der alten Parteien eine Zusammenarbeit untereinander ablehnten, gewann nur eine, die Republikanische Volkspartei (CHP), mehr als das Minimum von 10 Prozent der Stimmen, die die Verfassung fordert, damit eine Partei ins Parlament einziehen kann.
Da fast die Hälfte der Stimmen auf diese Weise vergeudet waren, verhalfen die 34 Prozent der AKP ihr zu 66 Prozent der Sitze im Parlament, was eine ansehnliche Mehrheit in einen dröhnende Sieg verwandelte. Bei den Folgewahlen 2007 und 2011 lernten ihr Gegner ihre Stimmen nicht zu verschleudern, was für die AKP das ironische Schicksal brachte zwar ihren Stimmenanteil zu erhöhen (auf 46 und dann 50 Prozent), aber Sitze im Parlament zu verlieren (von 62 auf 59 Prozent).

Erdoğan kontrollierte sich anfangs stark selbst; er konzentrierte sich auf Wirtschaftswachstum und die Beseitigung des Mülls des türkischen öffentlichen Lebens wie die lange bestehende Weigerung der Anerkenntnis, dass die Kurden keine Türken sind, die Lösung des Zypernproblems und den Anschluss an die Europäischen Union. Er erzielte immer mehr Erfolge, sorgte für Wirtschaftswachstumsraten wie in China, trat als mächtiger Vermittler im Nahen Osten hervor (z.B. zwischen Jerusalem und Damaskus) und wurde zum Lieblings-Islamisten des Westens. Dabei schien er das Jahrhunderte alte Rätsel des Islam vs. den Westen zu lösen und eine erfolgreiche Mischung aus beiden zu finden.

Langfristig wollte die AKP allerdings das Militär gefügig machen: Das war die unerlässliche Voraussetzung, um das ultimative Ziels zu erreichen die Revolution Atatürks umzukehren und die Türkei in eine innenpolitische Ordnung wie im ottomanischen Reich und zu internationalem Ansehen zurückzubringen. Das erreichte sie mit überraschender Leichtigkeit; aus immer noch unklaren Gründen ertrug die Führung der Streitkräfte still die gegen sie geschleuderten Verschwörungstheorien, die Verhaftung von führenden Offizieren und schließlich die Entlassung des Generalstabs. Das erwartete große Drama ergab kaum einen Pieps.

Nachdem das Militär kapitulierte, nahm Erdoğan seine innenpolitischen Rivalen ins Visier, besonders seinen Langzeit-Verbündeten, den Islamisten Fethullah Gülen, Anführer der enormen Nationalbewegung mit Netzwerken in Schlüsselinstitutionen der Regierung. Erdoğans populistische Extravaganz kam bei seiner Wählerschaft gut an – die Türken fühlten sich vom Atatürkismus unterdrückt. Davon ermutigt entwickelte er sich im Juni 2013 mit den Demonstrationen vom Gezi Park in Istanbul zum kompletten Bombastiker, der mit erniedrigenden Beleidigungen auf seine Mitbürger eindrosch und eine Gruppe Fußballfans mit der Anklage eines Umsturzversuchs vor Gericht zerrte.
Spektakuläre Beweise für Korruption der AKP kamen im Dezember 2013 ans Licht und veranlassten keinen Rücktritt, sondern die Verhaftung der Polizisten, die das Problem aufdeckten. Diese Aggression erstreckte sich weiter auf Gegner in den Medien, dem Parlament und selbst dem Justizsystem.
Während Erdoğan seine Gegner dämonisierte, entzückte er seine Basis, gewann jede Wahl und häufte weiter persönliche Macht an, was manche an Venezuelas Hugo Chavez erinnerte.

Außenpolitik
Die internationalen Beziehungen folgten denselben Leitlinien; es gab einen ursprünglichen Satz zurückhaltender außenpolitischer Ziele, die im Lauf der Zeit immer größer und feindseliger wurden. Eine von seinem obersten außenpolitischen Berater Ahmed Davutoğlu verkündete Politik der „Null Probleme mit den Nachbarn“ begann erfolgreich: ein gemeinsamer Urlaub mit dem Tyrannen von Damaskus, Hilfe für die Mullahs in Teheran beim Umgehen von Sanktionen und für beide profitable, wenn auch lauwarme Beziehungen zu Israel. Selbst Langzeitfeinde wie Griechenland und Armenien profitierten von dieser Charme-Offensive. Die Großmächte wollten gute Beziehungen.

Doch dann zeigte Erdoğan dieselbe Arroganz, die er daheim von der Leine gelassen hatte, was weit schlimmere Kritiken bekam; zwar klatschte die Hälfte der türkischen Wähler seinen Standpauken Beifall, aber nur wenige Ausländer machten das ebenso. Als die arabischen Umbrüche ab 2011 den Nahen Osten veränderten, stellten Erdoğan und Davutoğlu fest, dass ihnen das Erreichte entglitt, was so weit ging, dass Ankara inzwischen schlechte bis vergiftete Beziehungen zu vielen seiner Nachbarn hat.
Der Bruch mit Bashar al-Assad von Syrien – der vielleicht dramatischste seiner Verluste – hat viele negative Konsequenzen; er bringt der Türkei Millionen nicht willkommener Arabisch sprechender Flüchtlinge, verursacht einen Stellvertreterkrieg mit dem Iran, behindert die türkischen Handelsrouten im Großteil des Nahen Ostens und schuf jihadistische Kräfte, die den Islamischen Staat und sein selbsterklärtes Kalifat hervorbrachten.

Die türkische Unterstützung für die Sunniten des Irak beschleunigte den Kollaps der Beziehungen zu Bagdad. Eine naziartige Feindseligkeit gegenüber Israel beendete Ankaras stärkstes regionales Band. Erdoğans leidenschaftliche Unterstützung der Herrschaft der Muslimbruderschaft in Ägypten, die dort 2012/13 ein Jahr an der Macht war, verwandelte sich in offene Feindschaft zu deren Nachfolgern. Drohungen gegen die Republik Zypern nach deren Entdeckung von Gas verschlechterten eine bereits konfliktreiche Beziehung. Türkische Auftragnehmer verloren mehr als $19 Milliarden in der Anarchie Libyens.

International brachte eine Finte in Richtung des Kaufs eines chinesischen Raketensystems die Sicherheitsbeziehungen zu Washington auf einen neuen Tiefstand. Forderungen an die Millionen in Deutschland lebenden Türken sich nicht zu assimilieren schufen Spannungen mit Berlin, ebenso Ankaras wahrscheinliche Rolle beim Mord an drei Kurden in Paris.
Diese Aufreger haben Ankara fast ohne Freunde zurückgelassen. Es erfreut sich herzlicher Beziehungen zu genau einer Regierung: Qatar (einheimische Bevölkerung: 225.000), dazu zur Regionalregierung Kurdistan im Nordirak und zur Muslimbruderschaft, einschließlich der Hamas und Ablegern dieser Organisation in Syrien. Merkwürdigerweise bestätigt Erdoğan trotz dieses donnernden Versagens weiterhin die fehlgeschlagene Politik der „Null Probleme“.

Ausblick
Erdoğan beeindruckende Bilanz der Wahlerfolge und ausgeweiteten Macht sieht sich im nächsten Jahr drei Herausforderungen gegenüber: einer Wahl-Herausforderung, einer psychologischen und einer wirtschaftlichen. Sein Aufstieg ins Präsidentenamt am 28. August erfordert Verfassungsänderungen, um der starke Exekutiv-Präsident werden zu können, der er sein möchte. Das wiederum macht es erforderlich, dass die AKP bei den nationalen Wahlen im Juni 2015 gut abschneidet; oder alternativ, dass sie beträchtliche Zugeständnisse an die türkischen Kurden macht, um deren Unterstützung für seine Ambitionen zu gewinnen. Da sich seine Partei jetzt in den unerprobten Händen von Davutoğlu befindet, der gerade vom Außenminister zum Premierminister befördert wurde, steht ihre Fähigkeit die notwendigen Sitze zu gewinnen in Zweifel.
Zweitens hängt Erdoğans Schicksal davon ab, dass Davutoğlu sein treuer Consigliere bleibt. Sollte Davutoğlu Unabhängigkeits-Ambitionen entwickeln, was durchaus möglich ist, dann wird Erdoğan sich auf ein zumeist zeremonielles Amt beschränkt sehen.
Schließlich hängt die noch wackelige türkische Wirtschaft von Fluchtkapital aus dem Ausland ab, das nach höheren Gewinnraten sucht, ebenso von riesigen Strömen nicht dokumentierter Gelder aus Golfstaaten, deren Herkunft und Fortbestand beide fraglich sind; dazu von Infrastruktur-Projekten die weiter wachsen müssen. Hier hält Erdoğans höchst launisches Verhalten (Tiraden gegen das, was er die „Interessen-Lobby“ nennt und gegen Rating-Agenturen wie Moody’s and Fitch und sogar gegen die New York Times) weitere Investitionen ab, während ein großer Schuldenüberschuss droht das Land bankrott zu machen.

Während man also durch seine ungebrochene Erfolgsbilanz dazu geneigt ist auf Erdoğans fortgesetzte Dominierung der türkischen Politik zu setzen, gibt es bedeutende Hindernisse, die seine Erfolgsserie beenden könnten. Seine Symbiose aus Lernen vom Westen, während er gleichzeitig den islamischen Gepflogenheiten ergeben bleibt, könnte noch implodieren.

US-Politik
Mit seiner jungen Bevölkerung von 75 Millionen, der zentralen Lage, der Kontrolle eines Schlüssel-Wasserwegs und acht höchst problematischen Nachbarn ist die Türkei ein enorm wünschenswerter Verbündeter. Zusätzlich erfreut sie sich einer Position der Bedeutung im Nahen Osten, unter Türkisch Sprechenden von Bosnien bis Xinjiang und den Muslimen weltweit. Die Allianz der USA mit der Türkei, die mit dem Koreakrieg begann, ist für Washington höchst vorteilhaft gewesen, das verständlicherweise abgeneigt ist sie zu verlieren.
Abgesehen davon kann aber nicht eine Seite allein ein Bündnis aufrecht erhalten. Ankaras Bilanz der freundlichen Beziehungen zu Teheran, die Unterstützung für die Hamas und den Islamischen Staat, das Untergraben der Autorität Bagdads, die Boshaftigkeit gegenüber Israel und Drohungen gegen Zypern stellen seine Mitgliedschaft in der NATO bestenfalls in Frage, schlimmstenfalls machen sie sie zu einem betriebenen Doppelspiel.
Washington muss signalisieren, dass die Einschüchterungstaktiken, die in der Türkei selbst Stimmen gewinnen, beim Rest der Welt versagen. Das Wall Street Journal hat hilfreicherweise vorgeschlagen eine US-Militärbasis aus der Türkei ins irakische Kurdistan zu verlegen. Erdoğans zunehmend diktatorische Herrschaft muss zurückgewiesen werden, ebenso Ankaras fortgesetzte Besetzung Zyperns, seine Unterstützung von Terroristen und seine antisemitischen Ergüsse. Über diese Schritte hinaus ist es für die US-Regierung an der Zeit klarzumachen, dass sie, sollten nicht schnell wichtige Veränderungen erfolgen, auf die Aussetzung der Mitgliedschaft der Türkei in der NATO und letztlich ihren Ausschluss drängen wird.

Es gibt noch echte Propheten: Am 26.10.2015 – also VOR der Wahl in der Türkei gab Daniel Pipes folgende Stellungnahme
(hier ein Auszug) ab:

„Die Türkei ist auf dem Weg in eine skrupellose Diktatur“
von Daniel Pipes National Review Online 26. Oktober 2015
http://de.danielpipes.org/16269/tuerkei-skrupellose-diktatur
Englischer Originaltext: Turkey Is on the Path to Rogue Dictatorship
Übersetzung: H. Eiteneier

„Zurück zur Gegenwart: Die Zahl der AKP-Sitze im Parlament spielt kaum eine Rolle, weil Erdoğan – legal oder illegal – alles Nötige unternehmen wird, um der neue Sultan zu werden.
Er wird keine „Macht teilen“ müssen, wird aber die Macht auf Biegen (Kaltstellung des Parlaments) und Brechen (WAHLBETRUG) ergreifen.
Die Hauptstädte des Auslands werden sich auf die unangenehme Wahrscheinlichkeit einer skrupellosen Diktatur in der Türkei einrichten müssen.

Türkische Wahlen am 01.11.2015
http://de.danielpipes.org/blog/2015/11/tuerkei-wahlergebnis
Englischer Originaltext: Will Turks Accept the Election Results?
Übersetzung: H. Eiteneier

Wie andere Beobachter der türkischen Politik war ich am 1. November verblüfft, als berichtet wurde, dass die herrschende Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (Adalet ve Kalkınma Partisi oder AKP) ihren Anteil bei der nationalen Wahl gegenüber der Wahl im Juni 2015 um 9 Prozent und ihre Sitze im Parlament um 11 Prozent erhöhen konnte.

Die Umfragen hatten beständig gezeigt, dass die vier großen Parteien etwa dieselbe Zahl an Sitzen wie im Juni gewinnen würden. Das machte intuitiv Sinn; sie repräsentieren einander feindselig gegenüberstehende Anschauungen (Islamisten, Linke, Kurden, Nationalisten), die erhebliche Bewegung von einer zur anderen Partei innerhalb von weniger als fünf Monaten höchst unwahrscheinlich macht. Dass rund einer von neun Wählern sich für eine andere Partei entschied, widerspricht der Vernunft.

Der starke Anstieg der AKP gab ihr die parlamentarische Mehrheit zurück, die sie im Juni 2015 verloren hatte, was Präsident Recep Tayyip Erdoğan einen halblegalen Weg in die diktatorische Machtfülle verspricht, die er anstrebt.
Für mich riechen die Ergebnisse nach Betrug. Es widerspricht zum Beispiel der Vernunft, dass der Krieg der AKP gegen die Kurden ein Viertel der türkischen Kurden dazu veranlassen würde die prokurdische Partei im Stich zu lassen und ihre Stimme jetzt der AKP zu geben. Während Nachrichten über Irreguläres einlaufen, fasst Michael Rubin von AEI die Probleme auf Commentary zusammen:

Türkische politische Analysten bemessen Erdoğans Betrugsquotienten auf etwa 5 Prozent – das kalkuliert alles ein, von aufgefüllten Wahlurnen, Schwindeleien der staatlichen Turkish Airlines beim Transport der Wahlurnen aus dem Ausland, verschwundenen Wahlurnen aus von der Opposition beherrschten Städten und Distrikten und so ziemlich alles, bei dem der Bürgermeister von Ankara seine Finger im Spiel hat. Im Fall der Wahl vom Sonntag scheint es so zu sein, dass Erdoğans AKP die Stimmen Hunderttausender Toter erhielt…

Angesichts der Geschichte an Betrug bei türkischen Wahlen ist es kein Schock, dass diese manipuliert wurde, besonders da vorher schon Gerüchte über ausgeklügelte Bemühungen zur Manipulation der Wahl umherschwirrten. (Denken Sie bei den Methoden an den Abgasbetrug von VW.)
Die Bürger der Türkei stehen jetzt vor der entscheidenden Frage, ob sie das Ergebnis dieser Wahl akzeptieren oder ablehnen sollen. Was wird obsiegen – die Angst vor Erdoğans Radikalität oder Wut angesichts des Schwindels? Sollten die Türken Widerstand leisten, werden sie sich leider, weil sein Staatsstreich über die Wahl den demokratischen Weg abgeriegelt hat, veranlasst sehen das auf nicht demokratische Weise zu tun.

Daniel Pipes 3. November 2015

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