Jüdischer Selbsthass
Leseprobe aus: Allein unter Juden von Tuvia Tenenbom,
suhrkamp nova, ISBN 978-3-518-46530-1
Ich lernte ein sehr nettes Paar kennen, beide sehr bekannt, hochgebildet, intellektuell, exemplarische Selbsthasser, optimale Araberfreunde.
Es sind israelische Juden, die mir drei interessante Geschichten erzählen:
1) Sie leben in einem schönen Haus, das ein arabischer Bauunternehmer für Sie saniert. Sie kannten den Mann und hatten blindes Vertrauen zu ihm. Als er mit seiner Arbeit, für die er großzügig bezahlt wurde, fast fertig war, machte er Ihnen ein wundervolles Geschenk, für das er nichts haben wollte: einen großen Olivenbaum, den er in ihrem Garten pflanzte. Sie waren sehr gerührt von dieser Geste und dankten ihm überschwänglich. Er hörte sich ihre Dankesbekundungen an, sah ihnen fest in die Augen und sagte: „ihr müsst mir nicht danken. Ich habe es nicht für euch getan. Ich habe es für mich und meine Familie getan. Sie verstanden nicht, was er damit meinte, und er erklärte es Ihnen: Ihr werdet bald aus diesem Haus ausziehen.“ Wieso? Weil dieses Land bald frei von Juden sein wird. Sie waren zutiefst bestürzt. Wie konnte er so etwas zu Ihnen sagen?
2) Vor vielen Jahren wurde die Frau dieses Paares von einer Gruppe arabische Jugendlicher vergewaltigt.
3) Jahre später wurde ihre Enkeltochter von einem alten arabischen Freund sexuell missbraucht.
Diese drei Geschichten bilden die Summe ihrer persönlichen Erfahrungen mit Palästinensern. Und doch lassen sie diese Vorfälle nicht an sich herankommen, dass sie von ihnen betroffen wären.
Der Mann erklärte mir: „Ich glaube an den Humanismus, glaube, dass die Palästinenser gute Menschen sind und mit uns in Frieden zusammenleben wollen. Ich glaube, dass wir Ihnen Unrecht getan haben, und ich glaube, dass sie uns kein Unrecht getan haben.
Es ist mir egal, ob das, was ich glaube, faktisch zutrifft.
Ich weiß, dass dies nicht der Fall ist, aber die Fakten sind mir schnurz!
Ich will glauben, selbst wenn alles, was ich glaube, falsch ist. Bitte zwingen Sie mich nicht, die Wirklichkeit zu sehen. Ich habe sie mein ganzes Leben lang bekämpft. Bitte!“
(Nefesch) Dies gilt für alle Formen des Hasses. Hass macht blind, ist resistent gegen Vernunft und Realität und sein Vehikel ist die Lüge.
Liebe macht auch blind – doch sie tut nichts Böses.