Das Christentum pfeift auf dem letzten Loch
Der Fall des deutschen Christentums hinterlässt eine Leere, die vermutlich von einer multikulturellen und islamischen Gesellschaft ausgefüllt wird.
Deutschland beherbergt heute Europas größte muslimische Gemeinschaft.
In Deutschland, wo Präsident Joachim Gauck ein evangelischer Pfarrer war und Bundeskanzlerin Angela Merkel die Tochter eines Pfarrers – (nefesch: die nur als linientreue Kommunistin in der DDR studieren konnte) – im Land der liberalen Theologen wie Hans Küng, Uta Ranke-Heinemann und Eugen Drewermann, die intensive Kritik an der vatikanischen Hierarchie in Bezug auf kirchliches Zölibat, Geburtenkontrolle, die Rolle der Frauen und der Sakramente für Geschiedene betrieben haben – pfeift das Christentum auf dem letzten Loch.
Deutsche haben die katholische Kirche in Scharen verlassen. Im Jahr 2015 wählten 181.925 Deutsche formal die Apostasie. Zum Vergleich: Nur 2.685 Menschen haben zum Katholizismus konvertiert. Die Zahl der Babytaufen ist ebenfalls um ein Drittel gesunken, von 260.000 Getauften 1995 auf 167.000 im Jahr 2015. Die Situation ist noch trostloser bei Hochzeiten. Vor zwanzig Jahren heirateten 86.456 Paare in einer Kirche. Im vergangenen Jahr sank die Zahl um fast die Hälfte: in einer Nation von 80 Millionen Menschen schworen nur 44.298 Paare ewige Liebe in einer Kirche. Der Anteil der Kirchenbesucher in der Bevölkerung ist von 18,6% im Jahr 1995 auf 10,4% im Jahr 2015 zurückgegangen.
Dieser Trend heißt „der neue Atheismus“. Nach Detlef Pollack, einem Professor für Religionssoziologie an der Universität Münster, besuchen nur 4% der ostdeutschen Protestanten regelmäßig die Kirche, verglichen mit 15% in den 1950er Jahren. Eine kürzlich durchgeführte Studie des Professors der University of Chicago, Tom W. Smith, ergab, dass die Bürger der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik mit Abstand „die höchste Atheismusrate der Welt“ haben.
Diese Tendenz wird in Deutschland zur Norm. Andreas Püttmann, Forscher der Konrad-Adenauer-Stiftung, nannte es in seinem gleichnamigen Buch „Gesellschaft ohne Gott“. „Der langfristige Trend zeigt eine epochale Implosion„, schreibt Püttmann in dem Buch.
Der Fall des deutschen Christentums hinterlässt eine Leere, die vermutlich von einer multikulturellen und islamischen Gesellschaft ausgefüllt wird. Deshalb forderte der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble die Schaffung eines „Deutschen Islam“. Der mächtige Verbündete Merkels verknüpfte den Aufstieg eines deutschen Islam mit der nationalen demographischen Katastrophe. „Der demografische Wandel ist eine unserer großen Herausforderungen“, sagte Schäuble. Deutschland beherbergt heute Europas größte muslimische Gemeinschaft.
(nefesch: Das wird die ehemalige Gesundheitsministerin Andrea Fischer von den Grünen erfreuen, deren Weisheitsspruch mir noch in den Ohren klingt:
„Es geht uns darum, Deutschland mal so richtig aufzumischen.“)
Der jüngste Jahresbericht des Sachverständigenrats der Deutschen Stiftungen für Integration und Migration erklärt, dass Deutschland aufgrund des Rückgangs der Zahl der Christen in einer Zeit der Masseneinwanderung aus islamischen Ländern demografisch ein multireligiöses Land geworden ist. Christen in Deutschland, so Die Welt, werden in 20 Jahren eine Minderheit.
Dem religiösen Verfall folgt gewöhnlich ein demographischer. Der in London ansässige Think Tank, das Institut für Wirtschaft, hat vor kurzem die „demographische Zeitbombe Europas“ („Europe’s demographic timebomb“) aufgezeigt. In ihrem Bericht „Von leeren Bänken zu leeren Wiegen“ („From empty pews to empty cradles“) erklären drei amerikanische Gelehrte, Eli Berman, Laurence Iannaccone, Giuseppe Ragusa, dass in vielen europäischen Ländern der plötzliche Rückgang der religiösen Praxis einen demografischen Selbstmord ausgelöst hat.
Es ist nicht nur eine Frage des religiösen Glaubens, sondern auch des Optimismus über die Zukunft.
Um Ursula von der Leyen, deutsche Verteidigungsministerin (und Mutter von sieben Kindern) zu zitieren: Wenn Deutschland seine abgestürzte Geburtenrate nicht umkehrt, dann „müssen wir das Licht ausmachen“.
Giulio Meotti, Kulturredaktor für Il Foglio, ist italienischer Journalist und Autor.
https://de.gatestoneinstitute.org/9135/christentum-deutschland