Ältester Beleg für evolutionäres Wettrüsten?
Am 03.01.2025 erschien bei „Die Presse“ ein Artikel, der von dem ältesten Beleg „für evolutionäres Wettrüsten“ spricht. Bezug genommen wird auf eine neue Studie, für die aber weder ein Link, noch eine exakte Quellenangabe angegeben wird. Im folgenden soll kritisch untersucht werden was A, wirklich festgestellt wurde und B, inwiefern das wirklich als Beleg für einen evolutionären Vorgang interpretiert werden kann. Es wird hauptsächlich auf die Artikel von „Die Presse“ und vom MDR Bezug genommen, da von der Studie selbst nur die Zusammenfassung frei einsehbar ist.
Russell Bicknell et al. vom American Museum of Natural History (AMNH) untersuchten in Südaustralien fossile Muscheln von der wirbellosen Tommotiiden-Art Lapworthella fasciculata. Über 200 dieser winzigen, im frühen Kambrium gefundenen Schalen „weißen je ein kleines Loch auf“ (Die Presse), die nach der Deutung der Wissenschaftler von Fressfeinden stammen.
Bicknell et al. machten die interessante Beobachtung, dass mit der Zeit („kurzer Zeit“ nach MDR) sowohl die Dicke der Muscheln, als auch die Anzahl der beschädigten Muscheln zunahm. Dies wird von den Forschern als das erste nachgewiesene „evolutionäre Wettrüsten“ interpretiert. Im Zuge der Bedrohung durch den Fressfeind hat die Tommotiiden-Art ihre Muscheln verstärkt, woraufhin auch der Fressfeind seine Fähigkeiten die Muschel zu durchbohren verbesserte. So zumindest die (durchaus plausible) Deutung der Wissenschaftler.
Doch inwiefern ist damit nun ein evolutionärer Vorgang belegt? Die Wissenschaftler selbst schreiben vom „ersten empirischen Beleg eines mikroevolutionären Wettrüstens im Kambrium.“ Wie die Wissenschaftler ganz richtig bemerkt haben, handelt es sich um eine mikroevolutive Anpassung. Es ist nicht von einer evolutionären Neuheit die Rede, sondern von einer kleinen Anpassung innerhalb der jeweiligen Art. Somit kann auch von keinem Beleg für die Evolutionstheorie die Rede sein, sollte es so aufgefasst werden. Denn diese benötigt vor allem die Entstehung von Neuheiten als Beleg.
Für die Verdickung der Muscheln wird letztlich nur eine erhöhte Produktion des Muschelmaterials (Kalziumphosphat) benötigt. Diese erfordert auch keine Zunahme genetischer Information, wie man zunächst vermuten könnte, sondern lediglich das ankurbeln von bereits existierenden genetischen Programmen, die die Produktion von Kalziumphosphat kontrollieren. Dies kann auf verschiedenen Weisen erreicht werden. Zum einen könnte durch eine Verlustmutation (Beschädigung) in einem negativen Kontrollgen die Kalziumphosphat-Produktion erhöht werden, was in diesem Fall zu einer vorteilhaften Veränderung im Phänotyp (äußeren Erscheinungsbild) führen würde.
Zum anderen könnte es sich um eine ( Aus Schöpfungssicht vom Schöpfer) vorprogrammierte Anpassungsmöglichkeit (Stichwort Epigenetik, Plastizität) handeln, was auch die Anpassung in „kurzer Zeit“ plausibler erklären könnte. In dem Fall hätte ein Umweltreiz (Bejagung durch den Fressfeind) ein bereits angelegtes Variationsprogramm aktiviert, welches dann die Verdickung der Muscheln veranlasste. Solche Anpassungsmechanismen sind ausfürhlich in der Natur vorhanden (Siehe z.B.: Borger P. (2024) Tranposons: Konzipiert, um rasche Anpassungen der DNA zu bewirken? Studium Integrale Journal, Jahrgang 31, Heft 2, S. 128-131.).
Das sind natürlich nur Vermutungen, da wir den Prozess nicht beobachten konnten, doch eines steht fest: Es handelt sich um mikroevolutive Anpassung, die zwar im Rahmen der ET deutbar sein mag, aber kein unabhängiger Beleg sein kann und nebenbei auch aus schöpfungswissenschaftlicher Sicht deutbar ist.
Die kambrische Explosion:
Damit könnte dieser Artikel abgeschlossen sein, doch wird dieser Befund mit noch etwas in Verbindung gebracht: Der kambrischen Explosion. Im Kambrium tauchen plötzlich ohne Vorläufer viele verschiedene Gruppen von Lebewesen auf. Evolutionisten haben Schwierigkeiten diese unerwartet frühe Verschiedenartigkeit zu erklären. Darwin erwartete eine graduelle Zunahme der Verschiedenartigkeit im Lauf der Evolution, doch Tatsache ist, dass die Verschiedenartigkeit schon früh ihr Maximum hatte und dann mit der Zeit eher wieder abnahm, wie Hughes et al. in einer umfangreichen Studie feststellten. Die Realität entspricht also exakt dem Gegenteil der ursprünglichen evolutionären Erwartung.
Die beschriebene gegenseitige Anpassung von L. fasciculata und ihrem unbekannten Fressfeind wird nun von Bicknell et al. als Bestätigung für die These gedeutet, Raubtiere seien eine „wichtige ökologische Triebkraft der frühen Tierentwicklung.“ Das Wettrüsten zwischen Beutetier und Raubtier soll also die (Makro-) Evolution beschleunigt und maßgeblich zur Entstehung der frühen Verschiedenartigkeit beigetragen haben.
Doch hier kann es sich bestenfalls um einen Erklärungsansatz handeln, nicht um eine ausgereifte Erklärung. Bicknell et al. schließen von einer kleinen mikroevolutiven Anpassung auf makroevolutive Neuentstehung, was einen Fehlschluss darstellt. Mikroevolution unterscheidet sich qualitativ erheblich von Makroevolution. Mikroevolution geschieht ausschließlich auf Basis bereits vorhandener genetischer Information und sie führt tendenziell eher zum Verlust genetischer Information, niemals zum Zuwachs derselben. Deshalb kann viel Mikroevolution auch niemals zu Makroevolution werden. Wie die Neuentstehung genetischer Information aussehen müsste, wird in diesem Artikel erläutert.
Dieses Beispiel evolutionären Wettrüstens kann also nicht die kambrische Explosion erklären oder diese These bestätigen. Bicknell et al. müssten erklären, wie die Optimierung eines vorhandenen Merkmals zu Neukonstruktionen führen soll.
Fazit:
Die Entdeckung des ersten bekannten Wettrüstens ist zweifelsohne interessant, doch sie kann nicht als Beleg eines makroevolutiven Prozesses dienen. Es handelt sich um einen Fall von Mikroevolution, der völlig interpretationsoffen ist: Sowohl aus evolutionstheoretischer, als auch aus schöpfungswissenschaftlicher Sicht ist diese Anpassung erklärbar.