Gott schweigt
Johannes 11, 1-14: Lazarus von Bethanien aus dem Dorf der Maria und ihrer Schwester Martha, war krank. Es handelt sich um die Maria, die den Herrn gesalbt und seine Füße mit ihren Haaren getrocknet hat; deren Bruder Lazarus war krank. Da sandten die Schwestern zu ihm und ließen ihm sagen: Herr siehe, den du lieb hast, der ist krank!
Als Jesus das hörte, sprach er: Diese Krankheit führt nicht zum Tod sondern sie dient zur Verherrlichung Gottes, damit der Sohn Gottes dadurch verherrlicht wird!
Jesus aber war mit Martha und ihre Schwester und Lazarus befreundet und liebte sie. Als er nun hörte, dass sein Freund Lazarus krank sei, blieb er noch zwei Tage an dem Ort, wo er war. Dann erst sagte er zu den Jüngern: Lasst uns wieder nach Judäa ziehen! Die Jünger antworteten ihm: Rabbi, eben noch wollten dich die Juden steinigen, und du begibst dich wieder dorthin? Jesus erwiderte: Hat der Tag nicht zwölf Stunden? Wenn jemand bei Tag wandelt, so stößt er nicht an, denn er sieht das Licht dieser Welt. Wenn aber jemand bei Nacht wandelt, so stößt er sich, weil das Licht nicht in ihm ist. Dies sprach er, und danach sagte er zu ihnen: Unser Freund Lazarus ist eingeschlafen; aber ich gehe hin, um ihn aufzuwecken. Da antworteten seine Jünger: Herr, wenn er eingeschlafen ist, so wird er gesund werden! Jesus aber hatte von seinem Tod geredet; sie dagegen meinten, er rede vom natürlichen Schlaf. Daraufhin nun sagte es ihnen Jesus frei heraus: Lazarus ist gestorben …
Wie muss den drei Freunden von Jesus zu Mute gewesen sein, als sie Jesus Nachricht gaben von der schweren Krankheit seines Freundes Lazarus – und er kam nicht. Schließlich starb der Freund – und Jesus kam noch immer nicht. Sie legten ihn in ein Felsengrab und verschlossen es. Der Gestank seiner Verwesung war durchdringend. Jesus war nicht gekommen. Was für Qualen müssen die beiden Schwestern gelitten haben, die Jesus so hoch schätzten und liebten. Er hätte doch zumindest einen Boten schicken können, damit sie wussten, was los war. Aber Gott schwieg. Was war nun mit den schönen Worten: Gott kommt nie zu spät?
Und dann – endlich – nachdem schon alles verloren war, da kam er schließlich doch noch. Jesus gab keine Erklärung, sprach keine Worte der Entschuldigung, wie wir es erwarten würden. Nein, er muss sich nicht entschuldigen. Er ist der Herr. Er ist souverän.
Doch es war völlig anders. Ganz unerwartet war das, was dann geschah. Jesus tröstet Martha, die ihm entgegengeeilt war, mit den wunderbaren Worten:
(Joh.11.25-26): „Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt; und jeder, der lebt und an mich glaubt, wird in Ewigkeit nicht sterben. Glaubst du das?“
Nein, Martha konnte das noch nicht fassen, wusste aber und bekannte, dass Jesus der Sohn Gottes ist, dem nichts unmöglich ist.
Als Jesus am Grab seines Freundes Lazarus angekommen war, das Geschwätz der Leute beiseite gewischt hatte und der praktisch veranlagten Martha zugesichert hatte, wenn sie glaubte, würde sie die Herrlichkeit Gottes sehen, rief er Gott, seinen Vater an und dann – in den Gestank des geöffneten Grabes hinein – rief er mit lauter Stimme: „Lazarus, komm heraus!“ Und der Verstorbene kam heraus, an Händen und Füßen mit Grabtüchern umwickelt und sein Gesicht mit einem Schweißtuch umhüllt. Jesus spricht zu ihnen: „Bindet ihn los und lasst ihn gehen!“
Diese Begebenheit ist so groß wie Gott. Doch bevor Jesus dies tat – in den Tagen kurz vor seiner Kreuzigung – hatte er den Beteiligten eine schwere Last aufgelegt. Das sind die Tage, in denen sie gefleht und auf Gott gewartet hatten – und ER schwieg!
Manchmal müssen wir erst völlig am Boden zerstört sein, bevor Gott wirken kann. In der Zwischenzeit arbeitet ER im Verborgenen an unserer Seele und bereitet sie vor für Neues, „was kein Auge je gesehen und kein Ohr je gehört hat – was Gott denen bereitet hat, die ihn lieben.“ (Jesaja 64,3)
Dieses Verhalten gehört offensichtlich zu Gottes Eigenarten: Jakob, dem Stammvater Israels ging es ähnlich. Man hatte ihm den blutigen und zerrissenen Rock seines Lieblingssohnes Josef mit der Nachricht überbracht, dass sein Sohn von einem Tier getötet worden war. Gott tröstete den Vater n i c h t mit einer Offenbarung, dass dies eine Lüge seiner neidischen Brüder sei – und sein Sohn Josef bald Vizekönig der Großmacht Ägypten werden würde.
Nein, Gott ließ den verzweifelten Vater viele Jahre an seinem Leid reifen, bis ER es durch eine Hungersnot so fügte, dass Jakob seinen tot geglaubten Sohn Josef wieder in die Arme schließen durfte und getröstet wurde.
Josef wurde zum Hinweis auf den kommenden Retter Jesus. War das, was Jakob erlitt, vielleicht ein Hinweis auf den größeren Vater, der sich seinen einzigen Sohn vom Herzen gerissen und um ihn gelitten hatte – damit wir gerettet werden können?