unabhängig sein
Offenbarung 22, 3-4:
„Es wird keinen Fluch mehr geben; und der Thron Gottes und des Lammes wird in ihr sein (der ewigen Stadt), und seine Knechte werden ihm mit Verehrung dienen; und sie werden sein Angesicht sehen, und sein Name wird auf ihren Stirnen sein.“
Es ist schon seltsam, wie verdreht mein natürliches Empfinden ist. Wie ein Vater oder eine Mutter ihr Kind zur richtigen Seite drehen muss, weil seine Aufmerksamkeit auf etwas ganz Unwichtiges gerichtet ist – so ist es mit meiner Seele.
Als ich las: „seine Knechte“ – da sträubten sich mir die Haare. Ich will doch niemandes Knecht sein!
Die Knechte des Papstes mit ihren wunderschönen Uniformen sind genau so stolz auf ihre Zugehörigkeit wie die Soldaten eines reichen Herrschers, dessen Pracht sich auf die Aufmachung seines Personals auswirkt. Und ich will unabhängig sein?
Wenn ich wirklich so unabhängig von diesem Gott bin, dem man mit Verehrung dient, dann bin ich nur abhängig von dem, worüber ich selbst verfüge – aber das ist nichts!
Ich verfüge nicht darüber, dass mein Herz schlägt, meine Lunge ihre Arbeit tut und mein Gehirn alles richtig steuert. Auch über meine Vergangenheit und meine Zukunft habe ich keinerlei Gewalt. Ja, am Ende muss ich sogar sterben – ob ich will oder nicht.
Außerdem ist mir klar, dass es nur zwei Stühle gibt, auf denen ich sitzen kann. Der eine ist Gott, der das Leben ist – und der andere – bin nicht etwa ich, sondern etwas oder jemand, der NichtGott ist, der ein Gegenteil des Lebens und der Liebe ist. Man könnte es den Tod oder den Hass oder den Teufel nennen. Man kann diese Unterteilung mit Händen greifen. Es ist allgegenwärtig. Ich kann also niemals unabhängig sein. Ich bin ein Mensch, ein Geschöpf – und nicht Gott. Alles esoterische Geschwätz und all das hässliche Machtgebaren von Gewalt ist Unsinn. Es dient nur der Verschleierung der Wahrheit, der Ablenkung vom Thema Tod. Der Tod ist der unerbittlichste und treueste Zeuge dessen, der gesagt hat, „wer sündigt, soll sterben“. Nur Gott ist Leben und nur ER kann es schenken und bewahren. Nur ER ist anbetungswürdig und Er ist es wert, dass man ihm mit Verehrung dient. ER ist der Sinn des Lebens bis in alle Ewigkeiten.
Um es mal paradox zu formulieren:
Nur wer Gottes Knecht ist, ist wahrhaft frei.