Narde und Alabaster
Die Bibel berichtet, wie sich bei einem Gastmahl eine Frau Jesus nähert, über seinem Kopf einem Fläschchen aus Alabaster den Kopf abbricht und mit dem Inhalt, kostbarem Nardenöl aus Indien, Jesu Haupt salbt. Die Bibel nennt den Wert des Salböls – 20.000 Euro. Das ist der Jahresverdienst eines Arbeiters. Die übrigen Gäste regen sich über diese Verschwendung auf, aber Jesus nimmt die Frau in Schutz, indem er darauf hinweist, dass sie ihn im voraus für seinen baldigen Tod gesalbt hat.
Sie liebte Jesus. Sicher war sie eine Frau, der Jesus ihre Schuld vergeben hatte. Während ich das hörte, überlegte ich, wie liebe ich ihn? Ich verehre ihn, weil er der Schöpfer ist, der diese wunderbar komplexe Welt und das Weltall geschaffen hat, dessen Grenzen wir nicht einmal erkennen, geschweige denn erreichen können.
Und er ist das einzige Wesen, von dem ich sicher bin, dass er mich wirklich liebt. Er ist der gute Hirte, so treu, dass er sogar sein Leben für seine Schafe gibt, um sie zu retten. Das hört sich hier so trocken an. Doch als ich es unter der Predigt bedachte und mir bewusst machte, wie mein inneres Verhältnis zu Jesus ist, war die Wirkung des Geistes Gottes so überzeugend, dass es mich fast aus dem Sitz gepustet hätte. Ist es doch unfassbar, wie sehr Jesus uns liebt. Er hat für uns die Herrlichkeit seiner Gottgleichheit aufgegeben und ist zu uns auf die Erde gekommen, um unsere unbezahlten Rechnungen zu begleichen – durch seinen Opfertod unsere Schuld vor Gott zu sühnen.
Und mitten hinein in diese Innigkeit kommt der Gedanke, wie peinlich es ist, dass jemand meine Schulden bezahlen muss, damit ich frei bin, dass mich einer freikaufen muss.
Da war er also wieder – dieser Geist des Hochmuts, dieser Drang, unabhängig zu sein, der schon Eva und ihrem Mann zum Verhängnis wurde. Am Anfang war Adam geistig topfit und moralisch wie aus dem Ei gepellt – hatte Gemeinschaft mit Gott.
Aber war er nicht nur aus Lehm gemacht? Und wurde erst durch den Atem Gottes zu einer lebendigen Seele? Von dem Moment an, als er den Willen des ihn liebenden Gottes missachtete, als er wählte, unabhängig von Gott zu agieren, trennte er sich vom Leben. Von da an war er im Begriff zu sterben, weil er nicht dem Geist Gottes des Lebens, sondern den Gelüsten seines Fleisches gehorcht hatte.
So sind wir – Adam und ich – beide also völlig abhängig von unserem Schöpfer und Erlöser. Der erste war nur aus Lehm – und der andere musste vom Tod und der ewigen Verdammnis freigekauft werden. Beide sind wir von Natur Hochstapler. Der eine – obwohl nur aus Lehm – wollte unabhängig sein von Gott. Der andere, ein elender Sünder mit dem ewigen Tod vor Augen, schämte sich, Erlösung nötig zu haben. Hochmut der unabhängig sein will, ist die Krankheit, an der Satan leidet.
Obwohl Adam am Anfang vollkommen war, ist das, was Jesus uns heute schenkt besser als Adams Vollkommenheit. Adam war nur geschaffen – so wie alle Engelwesen – doch die Jesus aufnehmen als Herrn ihres Lebens, die werden „aus Gott geboren“ und gehören fortan zu seinem Haushalt, zu seiner Familie. Gott wird sie – die Gemeinde der aus dem Geist Neugeborenen – seinem Sohn zur Braut geben. Unbeschreibliche Herrlichkeit.
So muss sich jemand, der am Boden der Jauchegrube lag, bevor Jesus nach ihm tauchte, ihn hochholte, reinigte und einen glitzernden Diamanten zur Ehre Gottes ans Licht brachte, nicht grämen, dass er völlig von Gott abhängig ist und bleibt.
Er kann, wie die Frau, die „tat, was sie konnte“, indem sie Jesu Haupt salbte, seine ganze Aufmerksamkeit und Liebe diesem Gott schenken, der uns zuerst geliebt hat.