Löwen (eine „PsychoAnalyse“)
Seit Adam und Eva aus dem Paradies vertrieben wurden, hält jeder Mann und jede Frau zu Hause einen Löwen. Bei den einen ist er eingesperrt, bei anderen läuft er frei umher.
Als bei den Römern das hedonistische Prinzip überhand genommen hatte, ließ man in der Arena hungrige Löwen auf gefangene Menschen los und schaute sich genüsslich das Gemetzel an.
Nun wissen wir aus alten Geschichten, dass es immer wieder einzelne Menschen gab, die dieses Treiben nicht tatenlos mit ansehen wollten, sondern hingingen, handgreiflich wurden und den einen oder die andere befreiten.
Wenn die Heldinnen und Helden zu Hause ankamen und die aus dem Rachen der Löwen geretteten Opfer dort niederlegten, um sie gesund zu pflegen – was meinst du, würden sie mit ihrem eigenen Löwen tun, den jeder so oder so zu Hause hat?
Sie müssten ihn gewiss einsperren – denn obwohl diese Tiere jeweils integraler Bestandteil der Persönlichkeit ihres Besitzers sind, fallen sie doch jeden Fremden früher oder später an, um ihm Schaden zu tun. Und nur weil Rettung immer irgendwie mit Liebe zu tun hat, ertragen sie die Einkerkerung ihres Löwen in der Kraft dieser Liebe – oder aber sie lieben nicht wirklich und sind blutgierige Hedonisten wie alle anderen auch.